
Wer nach ayurvedischem Prinzip lebt, der steigert seine Lebensqualität und fühlt sich wohler – das verspricht die uralte indische Heilkunst Ayurveda. Die Ernährung spielt dabei eine entscheidende Rolle. Wir erklären euch, was hinter Ayurveda steckt und zeigen, was ayurvedische Ernährung für euren Alltag bedeutet.
Wer Ayurveda hört, hat ganz unterschiedliche Assoziationen im Kopf: die Aromaöl-Massage im Wellness-Hotel, den Yoga-Kurs im Fitness-Studio, die sanfte alternative Heilmethode, die indische Küche oder die ayurvedischen Kräutertees, die Motivation, Ausgeglichenheit oder klare Gedanken versprechen. Diese Aufzählung zeigt: Ayurveda ist komplex, Ayurveda entspricht dem aktuellen Zeitgeist – und Ayurveda hat in vielen Bereichen Einzug in unsere westliche Welt gefunden. Deshalb wollen wir hier einen genauen Blick auf die uralte indische Lehre werfen und erklären, was sie leisten kann und was nicht. Vielleicht kann Ayurveda ja auch euren Alltag bereichern.
Ayurveda – Wellness, Yoga, indische Küche und mehr
Übersetzt bedeutet Ayurveda „Die Wissenschaft vom Leben“ und ist als Lebensphilosophie, Gesundheitslehre und Heilkunde zu verstehen, die den Menschen ganzheitlich betrachtet. Die Theorie dahinter besagt: Wenn der Mensch sich im seelischen und körperlichen Gleichgewicht befindet, dann geht es ihm gut. Aber gerät der Mensch aus der Balance, etwa durch Stress im Job, unregelmäßige Arbeitszeiten, familiäre Belastungen, ungesunde Umwelteinflüsse oder eine einseitige Ernährung, fühlt er sich nicht mehr wohl in seiner Haut oder wird sogar krank. So die ayurvedische Theorie. Er leide dann zum Beispiel unter Hautunreinheiten, wiederkehrenden Kopfschmerzen, Übergewicht, depressiver Stimmung oder Verdauungsproblemen.
Dieses Gleichgewicht wieder herstellen, dauerhaft erhalten und sich wieder rundum wohl fühlen, kann man laut Ayurveda mit der passenden Lebensweise. Ayurveda bedient sich dabei aus einem ganzen Pool an Methoden. Dazu zählen zum Beispiel Massagen und Bäder mit Aromaölen. Yoga und Meditation spielen ebenfalls eine entscheidende Rolle, denn sie helfen uns, im stressigen Alltag in Balance zu bleiben.
Bedeutende Elemente im ganzheitlichen Ansatz des Ayurveda sind das Essen und das Trinken. Lebensmittel werden im Ayurveda als natürliches Heilmittel verstanden, die uns entweder schaden oder maßgeblich zur Erhaltung des inneren Gleichgewichts beitragen können. Wie aber funktioniert das?
Ayurvedische Ernährung – Essen ist die beste Medizin
Das Wichtigste vorweg: Ayurveda ist keine Diät, in der jeder Mensch dieselben Regeln befolgen und beispielsweise auf gewisse Lebensmittel, Fette oder Kohlenhydrate verzichten muss. Vielmehr soll sich das Essen an die Bedürfnisse des Individuums anpassen, denn jeder Mensch ist anders und nicht jedem tut dasselbe gut. Grundlage der individuellen Ernährung ist, dass jedem Menschen ein „Dosha“, eine bestimmte Grundkonstitution, zugeschrieben wird. Und auch Lebensmittel oder Geschmacksrichtungen werden im Ayurveda in verschiedene Kategorien eingeteilt, die auf den jeweiligen Dosha-Typ unterschiedliche Wirkung haben. Mit gezielter Kost kann man also die körperlichen Bedürfnisse stillen und die Lebensqualität steigern. Wichtig ist dabei, sein Dosha, seine Grundkonstitution zu kennen, um auf Einflüsse zu reagieren und sich selbst wieder in die Balance zu bringen.
Ayurveda – die drei Doshas Vata, Pitta und Kapha
Das Prinzip der Doshas beruht auf den fünf Elementen: Erde, Wasser, Feuer, Luft und Raum, die sich in unterschiedlicher Gewichtung zu drei Doshas verbinden: Vata, Pitta und Kapha. Von Geburt an hat jeder Mensch ein für ihn charakteristisches Verhältnis dieser drei Doshas. Die jeweils dominierende Energie (es kann eine oder auch häufig zwei sein) prägen mit ihren spezifischen Eigenschaften die körperlichen und geistigen Merkmale eines Menschen. So ist beispielsweise beim Pitta-Typ das Element Feuer dominant, die Person ist mutig und enthusiastisch, sie hat laut Ayurveda einen rötlichen Hautton und einen großen Appetit. Da die Ernährung, die Psyche, das Klima – kurz: die individuellen Lebensumstände – die Doshas stark beeinflussen, können diese das ursprüngliche Gleichgewicht verändern und stören. Man kann etwa zuviel seines Doshas haben, dann sollte es durch entsprechende Lebensmittel gesenkt werden, oder man leidet unter zu niedrigem Dosha, dann sollte man es fördern. Laut Ayurveda kann man sich entsprechend ernähren, um die Balance wieder herzustellen.
Beispiel Vata-Typ
Einem Vata-Typ werden unter anderem die Eigenschaften kalt und trocken zugeschrieben. Isst der Vata-Typ häufig kalte und trockene Speisen, etwa einen kalten Joghurt mit trockenem Müsli zum Frühstück, dann verstärkt er diese Energie und kommt aus dem Gleichgewicht. Erscheinungen könnten laut Ayurveda trockene Haut und trockene Haare oder leichter Schlaf trotz starker Müdigkeit sein. Wichtig wäre für einen Vata-Typen, warme und flüssige Speisen (z.B. Suppe oder ein warmer Getreidebrei zum Frühstück) zu sich zu nehmen, also das genaue Gegenteil der dominanten Energie, und somit wieder die Balance herzustellen.
Wer sich intensiv mit Ayurveda befassen und seinen individuelles Dosha bestimmen möchte, um seine Ernährung umzustellen, ist am besten in einem Ayurveda-Seminar, bei einer Beratung oder gar bei einer ganzen Ayurveda-Kur aufgehoben. Man kann den Dosha-Typ auch anhand eines Fragebogens bestimmen. Und auch Bücher sind dabei hilfreich.
Doch die Ernährung im Ayurveda richtet sich nicht nur nach den Doshas. Es gibt auch ein paar grundsätzliche Empfehlungen für alle Menschen, egal welchem Dosha man zugeordnet wird. Sie srgen etwa für eine Reinigung des Körpers oder harmonisieren das Dosha.
Ayurveda – allgemeine Tipps zur Ernährung | |
Keine eiskalten Getränke trinken, am besten warmes Wasser und Kräutertee | |
Warme Speisen bevorzugen, das gilt auch fürs Frühstück | |
Ein idealer Tag beginnt mit einem Glas lauwarmem Wasser vor dem Frühstück, um das Verdauungssystem zu durchspülen und zu aktivieren | |
Das Mittagessen ist die wichtigste Mahlzeit, denn dann kann der Körper am besten Nahrung aufnehmen und verarbeiten, das Verdauungsfeuer „Agni“ brennt dann am stärksten | |
Nicht in Eile essen, nicht im Stehen, am Computer oder unterwegs. Lieber in Ruhe essen und sich dabei nicht von anderen Dingen ablenken lassen | |
Nur bei Hunger essen und zwischen den Mahlzeiten ausreichend Zeit lassen, sich nicht überessen, das überfordert den Körper | |
Kräuter und Gewürze beim Kochen und als Tee aufgegossen verwenden: Ingwer, Kurkuma, Kreuzkümmel, Nelken, Muskat, Safran oder Zimt zählen zu den bedeutenden Gewürzen des Ayurveda, die positive Wirkung auf Abwehrsystem und Verdauung haben |
Außerdem verzichtet die ayurvedische Küche größtenteils auf tierische Kost, denn es sind vor allem vegetarische Lebensmittel, die laut Ayurveda einen harmonisierenden Einfluss haben. Frisches Gemüse, frische und getrocknete Früchte, Hülsenfrüchte, Getreide, Kräuter oder Salate, aber auch Honig oder frische Milch zählen zu den sogenannten sattvischen Lebensmitteln, die für Ausgeglichenheit und Entspanntheit sorgen. Dem gegenüber stehen tamasische Lebensmittel. Dazu zählen Fleisch, Fisch, Fertiggerichte, aufgewärmte Speisen oder Konserven – sie sollen Trägheit und Aggressionen fördern. Das bedeutet nicht, dass man nach dem Genuss eines Schnitzels aggressiv wird oder ein Salat den Stress hinwegfegt. Doch tendenziell empfiehlt die ayurvedische Lehre, tamasische Lebensmittel zu vermeiden und auf sattvische Lebensmittel zu setzen, um in der Balance zu bleiben.
Die indische Küche mit ihren vielen vegetarischen und gut gewürzten Rezepten bietet sich in der ayurvedischen Ernährung an, ein perfektes Beispiel ist das Curry. Ein indisches vegetarisches Curry ist nach Ayurveda immer eine gute Wahl, aber ayurvedische Prinzipien können auch auf Rezepte anderer Länderküchen angewendet werden, etwa wenn man sattvische Lebenmittelgruppen bevorzugt, frisch kocht und regelmäßig frische Kräuter und Gewürze für Essen und Getränke verwendet.
Ayurveda – eine Einordnung
Vegetarische Kost, Aromaöl-Massagen und Yoga-Seminare auf Sri Lanka: Auch wenn es den Anschein erweckt, Ayurveda ist nicht nur ein Zeitgeist-Phänomen, sondern wird zumindest in Teilen auch in der westlichen Welt anerkannt. Die Anwendung von Heilpflanzen beispielsweise, ein wichtiger Bestandteil des Ayurveda, wird auch von westlichen Heilpraktikern praktiziert. Einzelne Studien zeigen außerdem, dass ayurvedischen Heilverfahren bei einigen Leiden der westlichen Medizin ebenbürtig sind. So helfen ayurvedische Kräuterbehandlungen bei Rheuma laut einer Studie aus Kalifornien genauso gut wie westliche Arznei – man braucht bei Ayurveda mehr Geduld, muss aber dafür mit weniger Nebenwirkungen kämpfen. Eine mögliche Wirksamkeit bei Migräne, Bluthochdruck und chronischen Rückenschmerzen wird ebenfalls wissenschaftlich untersucht. Auch in Sachen Ernährung liegen westliche Experten mit dem Ayurveda oftmals auf einer Linie, etwa bei der Tatsache, dass man maximal zwei bis drei Mal pro Woche Fleisch essen sollte, dass eine gute Verdauung zum Wohlbefinden beiträgt oder dass frisch gekocht immer noch die beste Alternative darstellt. Dennoch muss jeder für sich selbst entscheiden, ob er mit dem ganzheitlichen Ansatz von Ayurveda etwas anfangen kann, schließlich ist nicht nur die Herangehensweise individuell, sondern auch das Ergebnis: nämlich ob man sich mit Ayurveda wohler in seiner eigenen Haut fühlt.
Für alle, die sich kritisch mit Ayurveda auseinander setzen möchten, haben wir hier die Vor- und Nachteile aufgelistet:
Pro Ayurveda | |
Die vorbeugende, positive Herangehensweise: Die Ernährung wird als natürliches Heilmittel angesehen, das zum Wohlgefühl beiträgt. Anders als in der westlichen Medizin, in der erst eine Krankheit oder eine Beschwerde mit Medikamenten behandelt wird. | |
Die Ernährungsempfehlung: Frische Zutaten, Fleisch in Maßen, selber kochen statt Fertigessen aufwärmen – die ayurvedische Ernährung entspricht nicht nur dem Zeitgeist, sondern auch westlichen Empfehlungen. | |
Die Flexibilität: Man muss sich bei der ayurvedischen Ernährung nicht verbiegen, sondern kann auch einzelne Elemente übernehmen, die zum eigenen Alltag passen und herausfinden, welches Essen und welche Getränke einem gut tun. |
Kontra Ayurveda | |
Die Dosha-Typen: Seinen eigenen Dosha-Typ selbst zu bestimmen ist nicht ganz einfach, da es auch Mischtypen gibt und die Doshas durch Alltagseinflüsse aus der Balance kommen. So scheitert man ohne Erfahrung oft an einer eindeutigen Einordnung. | |
Der komplexe theoretische Überbau: Wer die komplette Lehre verstehen und auf das eigene Leben anwenden möchte, muss sich ausführlich einlesen, sich eine persönlichen Beratung gönnen oder einer Ayurvedakur unterziehen. | |
Das fehlende konkrete Erfolgsversprechen: Ayurveda ist keine Ernährungsform im klassischen Sinne, die konkrete (Abnehm-) Erfolge in einer kurzen Zeit verspricht. Das Ergebnis ist vor allem ein verbessertes Wohlbefinden – und das ist nicht messbar. |
Vielleicht haben wir euch ja Lust gemacht, euch näher mit Ayurveda zu beschäftigen und die indische Lehre in eurem Alltag auszuprobieren. Wir wünschen euch jedenfalls viel Spaß dabei!