Rohkost kennt wohl jeder: geraspelte Möhren und Salat oder Gemüsesticks mit Dip. Raw Food ist auch Rohkost – aber mit mehr Spaß, Kreativität und Genuss bei der Sache. Lasagne und Wraps, Kuchen und Mousse au chocolat: Das alles ist auch in der Welt von Raw Food möglich und schmeckt köstlich frisch. Aber ist Raw Food auch wirklich gesünder als eine Ernährung mit erhitzten Lebensmitteln?
Raw Food – müssen es 100% sein?
Einige leidenschaftliche Rohköstler versuchen, sich zu 100% von unerhitzten Lebensmitteln zu ernähren, die meisten Liebhaber von Raw Food haben eher einen Anteil roher Gerichte von 70-80% zum Ziel. Beliebt ist auch "Raw till 4" – bei diesem Konzept ernährt man sich bis 16 Uhr roh, danach sind auch gekochte Gerichte erlaubt.
Die meisten Konzepte für Ernährung mit Rohkost sind vegan oder vegetarisch, es gibt aber durchaus auch omnivore Formen von Rohkost, bei denen auch der Verzehr von rohem Fisch und rohem Fleisch empfohlen wird. Kaltgeschleuderter Honig und kaltgepresste Öle sind ebenso erlaubt, wie Lebensmittel, für deren Herstellung eine niedrigere Hitzezufuhr nötig ist, zum Beispiel Trockenfrüchte und andere gedörrte Erzeugnisse.
Die bekanntesten Raw Food Konzepte
- Urkost nach Franz Konz, vegan mit viel Wildgemüse
- Instinctotherapie nach Guy-Claude Burger, instinktgesteuerte Ernährung, alles, was im rohen Zustand gut schmeckt, kann gegessen werden
- Fit for life nach Harvey und Marilyn Diamond – integriert auch tierische Produkte
- Obst-Rohkost nach Helmut Wandmaker – Obst ist mit 75% Hauptnahrungsmittel
Das Wichtigste für Raw Food ist, dass Zutaten nicht über 42 Grad erhitzt werden sollten – damit scheidet nicht nur gekochte Nahrung aus, sondern auch viele Verarbeitungsprozesse.
Raw Food – was isst man denn dann?
Mehr Raw Food Gerichte in den Alltag einzubauen, ist viel einfacher, als man denkt. Salate und Smoothies sind oft Raw, Pasta kann man aus rohem Gemüse machen und sogar Desserts und Kuchen können Raw köstlich schmecken.
Die Grundnahrungsmittel bei Raw Food sind
- Alle Obstsorten – frisch oder in der getrockneten Variante
- Gemüse außer Sorten, die roh nicht essbar sind (z.B. Kartoffeln)
- Nüsse und Samen
- Sprossen
- Öle (kaltgepresst)
- Gewürze und Kräuter
- Eingeweichtes Getreide und selbst gequetschte Getreideflocken
- Für Vegetarier zusätzlich: Rohmilchprodukte und rohe Eier
- Für Omnivore zusätzlich: rohes Fleisch und roher Fisch
Dies mag zuerst wenig klingen, mit den richtigen Techniken und ein wenig Grundwissen kann man jedoch überraschend viele Gerichte aus diesen Grundnahrungsmitteln zubereiten.
Raw Food – wichtige Geräte und Techniken
Wenn man sich ernsthaft für Raw Food interessiert, sollte man sich einige Techniken aneignen und eventuell auch Geräte anschaffen.
Keimgerät oder Keimgläser
Sprossen sind gesund und werden gerne für Raw Food verwendet. Zwar kann man auch fertige Sprossen kaufen, doch das Züchten ist ganz einfach.
Zum Keimen eignen sich: Kürbiskerne, Quinoa, Hirse, Hafer, Weizen, Kichererbsen, Linsen, Chiasamen, Mungbohnen und viele andere.
Hochleistungsmixer
Nichts kommt für Rohkost häufiger zum Einsatz als der Mixer. Zwar kann man sich auch eine Zeit lang mit einem normalen Mixer behelfen, für Nussmilch, faseriges Gemüse und harte Samen ist ein starker Hochleistungsmixer aber einfach besser geeignet.
Dörrgerät
Ein Dörrgerät oder auch Dörrautomat ist sehr praktisch, um Lebensmitteln bei niedriger Hitze Feuchtigkeit zu entziehen – so kann man Trockenobst herstellen, aber auch "Pizza" und Raw Food Brot. Am Anfang kann man aber auch im Backofen dörren.
Entsafter
Frischgepresste Säfte sind echte Vitaminbomben und gehören zu Raw Food dazu. Ein Entsafter ist jedoch nicht unbedingt nötig, wenn man eh lieber Smoothies trinkt.
Spiralschneider
"Pasta" in der Raw Food Küche besteht meist aus Gemüse. Um Zucchini, Kürbis und Co. in Nudeln zu verwandeln, benötigt man einen Spiralschneider.
Fermentieren
Zum Fermentieren benötigt man nicht unbedingt ein zusätzliches Gerät. Wer seinen eigenen Nussjoghurt herstellen möchte, kann über die Anschaffung eines Joghurtbereiters nachdenken. Für Sauerkraut, Kimchi und Co. braucht man nur ein bisschen Geduld.
Falls Sie Raw Food erstmal ausprobieren möchten, sollten Sie sich von den benötigten Geräten nicht abschrecken lassen. Man kann sich mit Ofen und Pürierstab behelfen und selbstverständlich benötigt man nicht alle Geräte für ein Rezept.
Argumente für Raw Food
Die Begründung für eine Ernährung mit Raw Food lautet meist, dass bei einer Erhitzung über 42 Grad Enzyme zerstört werden würden und dass ein Großteil der Vitamine und Mineralstoffe verloren ginge. Außerdem würde das Erhitzen Mikroorganismen und Bakterien zerstören, die für Immunsystem und Verdauung sonst hilfreich wären. Ein weiteres Argument ist, dass gekochte Lebensmittel schädliche Gifte enthalten würden, die zu chronischen Krankheiten führen würden. Raw Food hingegen enthalte viele Antioxidantien, die angeblich den Alterungsprozess verlangsamen.
Argumente gegen Raw Food
Die meisten der angeblichen Vorteile einer Raw Food-Ernährung sind wissenschaftlich kaum erforscht – es gibt nur sehr wenige Langzeitstudien zu einer reinen Raw-Ernährung mit Rohkost. Einerseits beschreiben Rohkost-Einsteiger eine signifikante Verbesserung ihres Wohlbefindens, andererseits hatten sich bei der bekanntesten deutschen Studie zu Rohkost, der Gießener Rohkost-Studie, ca. 30% der 116 Befragten nach 10 Jahren von einer Rohkost-Ernährung verabschiedet.
Außerdem ist es wissenschaftlich erwiesen, dass manche Vitamine, wie zum Beispiel Vitamin E und Vitamin A, nach dem Erhitzen eine bessere Bioverfügbarkeit haben und daher besser erhitzt vom Körper aufgenommen werden können. Ein weiteres Problem bei Rohkost ist, dass die Infektionsgefahr durch Bakterien zunimmt: Bei Verzehr von rohen Produkten kann es zu Infektionen mit Salmonellen, Listerien, Escherichia coli undToxoplasmose kommen. Besonders Schwangere und Stillende sollten kein rohes Fleisch oder Rohmilchprodukte verzehren. Obst und Gemüse sollten sehr sorgfältig gewaschen werden.
Die Meinung, eine Ernährung mit viel Raw Food würde prinzipiell zu Mangelerscheinungen führen, ist aber ebenso wenig haltbar – eine abwechslungsreiche Ernährung mit einem hohen Anteil Raw Food kann durchaus den Energie- und Vitaminbedarf eines Erwachsenen abdecken.
Rohkost im Alltag
Selbst wenn es zu den gesundheitlichen Vorteilen einer rohkostbasierten Ernährung unterschiedliche Meinungen gibt: Ein größerer Anteil an frischem und unverarbeitetem Gemüse und Obst an unserer Ernährung ist sicherlich vorteilhaft. Versuchen Sie doch einfach, zu jeder Hauptspeise einen frischen Salat zu reichen – und die Mahlzeit ab und zu ganz roh zu gestalten. Einfach und lecker lassen sich auch grüne Smoothies in den Alltag integrieren. Versuchen Sie, auf Fertigprodukte und stark verarbeitete Lebensmittel zu verzichten.
Ein empfehlenswertes Buch für einen ersten Einstieg in Raw Food ist "Go Raw Be Alive".