Kohlenhydratarme Diäten gibt es viele: von Atkins, Paleo bis hin zur Dukan Diät. Die einen verbieten Kohlenhydrate (also das "Carb"), die anderen reduzieren die Kohlenhydrate ("Low Carb") und ersetzen die Kohlenhydrate entweder durch Eiweiße oder durch Fett. Der große Vorteil von Low Carb gegenüber einer fettarmen Diät ist, dass man damit noch schneller abnehmen kann.
Low Carb: Was steckt hinter der Diät?
Die Theorie hinter der Low Carb Diät beruht auf der Tatsache, dass der Körper bei einer kohlenhydratarmen Diät mehr Fett aus der Nahrung verbrennt. Denn werden die Kohlenhydrate weit genug reduziert, stellt sich der Körper auf ein „Notfallprogramm“ um - der sogenannten Ketose - bei der er sich an den Fettreserven bedient, um seinen Energiebedarf zu decken.
„Eine feste Definition, wie viele Kohlenhydrate bei einer Low Carb Diät erlaubt sind, gibt es nicht“, erklärt Privatdozentin Dr. Anette Buyken, Ernährungswissenschaftlerin aus Dortmund. Viele Anhänger orientieren sich an dem Richtwert, der 20-50 Gramm Kohlenhydrate pro Tag erlaubt. Und die sind schnell erreicht: 100 g Pflaumen enthalten schon 10 Gramm Kohlenhydrate, 100 g gekochter Reis 24 Gramm und eine Laugenstange etwa 45 Gramm. Damit ist auch klar, welche Lebensmittel bei dieser Diät verboten sind: Obst, Brot, Nudeln und Reis.
„Durch das Weglassen der meisten Kohlenhydratträger enthält die strenge Low Carb-Diät vor allem fettreiche Lebensmittel“, sagt die Expertin. Berühmtester Vertreter dieser Low Carb-Form ist die Atkins-Diät. Bei einer moderaten Low Carb Diät können 26-45 Prozent des täglichen Kalorienbedarfs durch Kohlenhydrate gedeckt werden – bei dieser Diät liegt der Fokus oft auf einem bevorzugten Verzehr eiweißreicher Lebensmitteln. „Sich zur Gewichtsreduktion Low Carb und fettreich zu ernähren, hat sich in der Praxis als eine wirksame und erfolgsversprechende Alternative erwiesen“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin.
In der Praxis sieht die Low Carb-Diät so aus: Man isst, bis man satt ist. Kalorienzählen fällt bei Low Carb komplett weg. Zum Frühstück, Mittag- und Abendessen gibt es bei Low Carb vor allem eiweiß- und fettreiche Lebensmittel: Die Haut vom Geflügel abschneiden, um Fett zu sparen? Fehlanzeige! Auch der Fettrand an Rumpsteak und Co. bleibt dran.
Und tatsächlich: Untersuchungen und Erfahrungen zeigen, dass sich mit Low Carb schnell abnehmen lässt. Sogar schneller als mit einer fettarmen Diät: Nach einem halben Jahr nehmen laut Studien Personen, die weniger Kohlenhydrate (also Low Carb) essen, im Schnitt schneller ab als diejenigen, die weniger Fett essen, um abzunehmen. Allerdings holen diejenigen, die sich nach der fettarmen Diät ernähren, nach einiger Zeit auf. Nach einem Jahr haben beide Gruppen gleich viel Gewicht verloren, in einigen Studien bleibt der (geringere) Vorteil auch nach einem Jahr erhalten. Man kann also mit Low Carb und mit einer fettarmen Diät erfolgreich abnehmen – mit der einen nur ein bisschen schneller als mit der anderen.
Low Carb: Rezepte für die kohlenhydratearme Diät
Low Carb: Sind Kohlenhydrate Dickmacher?
Wieso gelten Kohlenhydrate plötzlich als Dickmacher? Früher waren es eher die Fette, die wegen ihrer hohen Kalorienanzahl als Dickmacher galten. Wie kommt es zu dem Wandel? „Schon länger sind sich Experten sicher, dass es vor allem auf die Qualität der Kohlenhydrate ankommt und weniger auf die Menge“, sagt Dr. Buyken. Für den Körper sind qualitativ hochwertige Kohlenhydrate aus Vollkornprodukten (z.B. Haferflocken) oder Obst wichtiger als schnell verwertbare Kohlenhydrate aus Weißmehlprodukten, Süßigkeiten und Co. Im Alltag ist es aber oft so, dass wir genau zu diesen Lebensmitteln am liebsten und am häufigsten greifen.
Doch diese Kohlenhydrate könnten sich tatsächlich negativ auf das Gewicht auswirken, weil durch sie der Blutzuckerspiegel immer wieder schnell ansteigt und abfällt, sodass man häufig Appetit hat und dauerhaft erhöhte Insulinspiegel aufweist. Das ist von Nachteil für das Gewicht. Denn solange das Hormon Insulin aktiv ist, verbrennt der Körper weniger Fett. Wer also kohlenhydratreich essen möchte, sollte besser zu den Vollkornvarianten mit geringer Blutzuckerwirksamkeit (z. B. Haferflocken, Roggenvollkornbrot mit ganzen Körnern) greifen und auf die Fettqualität achten. Wer auf Kohlenhydrate gut verzichten kann, für den könnte die Low Carb Diät eine passende Alternative sein.
Low Carb: Was ist bei dieser Diät erlaubt?
Bei Low Carb gibt es viele verschiedene Ausprägungen: Je nachdem, welcher Low Carb Diät man folgt, isst man mehr oder weniger Kohlenhydrate. Als besonders strenge Low Carb-Diäten gelten die Steinzeitdiät Paleo und die Atkins-Diät, während die LOGI Diät als eher gemäßigt gilt. So sind etwa bei Paleo generell Getreideprodukte verboten, bei LOGI wird außer der Kohlenhydratmenge auch auf die Art der Kohlenhydrate geachtet: Wenn sie Kohlenhydrate essen, dann bevorzugen Anhänger dieser Low Carb Diät Kohlenhydrate, die den Blutzuckerspiegel nur langsam ansteigen lassen.
Low Carb: Das Prinzip der Low Carb High Fat-Diät
Soviel Fettiges essen, wie man möchte – und trotzdem abnehmen. Aus dem Wunschtraum soll nun Wirklichkeit geworden sein: Bei Low Carb High Fat (kurz: LCHF) wird das Unmögliche möglich. Alles, was früher als Dickmacher galt, ist hier Schlankmacher. Voraussetzung, damit das funktioniert: Konsequent sein.
Bei Low Carb High Fat spart man an den Kohlenhydraten und greift stattdessen zu fettreichen Lebensmitteln. Wer sich jetzt über klassisches Fast Food, wie Pizza, Burger und Pommes frites freut, liegt allerdings falsch. Denn all diese Produkte strotzen vor Kohlenhydraten. Stattdessen gibt es Eier, Fleisch, Fisch, Käse, Öle und (sehr) reichlich kohlenhydratarmes Gemüse, wie Rucola, Gurken, Pilze, Radicchio, Radieschen und Römersalat. Später dürfen auch fettreiche Milchprodukte und Beeren, und noch später auch andere Früchte sowie Gemüse mit hohem Kohlenhydratanteil und Vollkorn-Produkte ergänzt werden. Das hängt aber davon ab, wie streng kohlenhydratarm man sich ernähren möchte.
Low Carb: Funktioniert das Abnehmen mit viel Fett?
„Ja, Low Carb funktioniert. Sogar besser als manch andere Diät”, sagt die promovierte Ernährungswissenschaftlerin. Isst man weniger als 50 g Kohlenhydrate pro Tag – ernährt sich also nach Low Carb High Fat (LCHF) -, kommt der Körper in eine Ketose, eine Art Notfall-Stoffwechsel, bei dem er vermehrt Fett statt Kohlenhydrate verbrennt. Low Carb High Fat bietet viele Vorteile beim Abnehmen.
Vorteile beim Abnehmen mit LCHF | |
Bei LCHF hat man weniger Appetit. Das liegt zum einen an den Proteinen, die länger sättigen. Außerdem beeinflussen die Abbauprodukte der Fette (Ketonkörper) den Appetit, sodass LCHF per se besser sättigt. | |
Der Körper baut wegen der geringen Kohlenhydratzufuhr während der LCHF-Diät vermehrt Fett ab und speichert weniger Fett. Der Grund dafür ist die reduzierte Insulinausschüttung: Insulin würde die Fettverbrennung bremsen. | |
Der Körper muss mehr arbeiten: Er verbraucht mehr Energie für die körpereigene Bildung der Glucose aus Aminosäuren und Fettsäuren. Außerdem ist es für den Körper energieaufwändiger, Proteine zu verarbeiten. |
Insgesamt ist der Erfolg von LCHF also darauf zurückzuführen, dass man weniger Appetit hat, satt ist, der Körper mehr Energie verbraucht und er gleichzeitig die eigenen Fettreserven angeht.
Dank der Fette schmeckt das Essen besonders gut, denn Fett ist ein Geschmacksträger. „Doch auch bei Low Carb High Fat gilt wie bei jeder anderen Diät: Abnehmen kann nur, wer weniger Kalorien zu sich nimmt, als er verbraucht“, erklärt die Expertin. Doch bei LCHF fällt das besonders leicht: Denn durch die gute Sättigung der Proteine und der Ketonkörper isst man automatisch weniger – ohne dabei zu hungern. Und so spart man indirekt Kalorien.
Low Carb: Für wen ist Low Carb High Fat geeignet?
„Ich finde, LCHF ist eine gute Alternative zum Abnehmen“, sagt Anette Buyken. „Man darf es sich nur nicht so leicht vorstellen, weil es ein hohes Spektrum an Lebensmitteln gibt, auf die man verzichten muss. Das fällt vielen schwer.“ So sind verboten:
Obst (in der Anfangsphase) | |
viele Milchprodukte | |
Getreideprodukte | |
Süßigkeiten | |
Alkohol |
Gerade der Verzicht auf Obst fällt vielen schwer. Daher eignet sich die Low Carb High Fat Diät theoretisch für jeden, aber praktisch nur für diejenigen, die sich diese Lebensmittelauswahl auch in der Praxis gut vorstellen können. „Allerdings würde ich immer dazu raten, Low Carb High Fat ärztlich zu begleiten. Zwar sind die Ergebnisse der Beobachtungsstudien bisher positiv, aber dennoch sollte ein Arzt beispielsweise die Leberfunktionswerte im Auge behalten. Auch sind manchmal Nahrungsergänzungsmittel für Vitamine und Mineralstoffe notwendig“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin.
Ob sich LCHF auch als langfristige Ernährung eignet, dazu möchte die Expertin keine Empfehlung abgeben. Zwar sind die bisherigen Ergebnisse aus Interventionsstudien zur Gewichtsreduktion positiv: Der Blutdruck sinkt, der Triglycerid- und HDL-Spiegel verbessert sich und der Bauchumfang reduziert sich. Aber sie beziehen sich nur auf Studien, die eine relativ kurze Zeit dauerten: bisher nur rund zwei Jahre. „Bei Langbeobachtungszeitstudien sehen die Ergebnisse schon ganz anders aus, da steigt das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen insbesondere bei proteinreicheren Kostformen. Allerdings sind diese Art von Studien anfällig für Verzerrungen durch den häufig mit höherem Fett- oder Proteinverzehr einhergehenden ungünstigen Lebensstil – ob diese langfristigen Risiken auch für LCHF so zutreffen, wissen wir nicht mit Gewissheit.“
Wer also schnell abnehmen will (oder muss), für den kann LCHF laut der Expertin eine Option sein, wenn er die Diät von einem Arzt begleiten lässt. „Auch für Diabetiker bietet LCHF Vorteile, da sie häufig mit einer Verbesserung der Blutzuckereinstellung einhergeht und sich günstig auf das Lipidprofil auswirkt“, weiß Anette Buyken.
Low Carb: Mögliche Kritikpunkte
Eine hohe Eiweißzufuhr während einer strengen Low Carb Diät könnte für Menschen mit Nierenproblemen gefährlich sein – in dem Fall sollten Sie sich auf jeden Fall von Ihrem Arzt beraten lassen. Und es gibt noch weitere Kritikpunkte bei dieser Diät:
Fettreich soll das Essen bei LCHF zwar sein, die Qualität der Fette bleibt bei den meisten allerdings unbeachtet. Ob das Fett nun viele gesättigte Fettsäuren enthält oder wenig, spielt eine untergeordnete Rolle bei LCHF. „Ob das aber wirklich negative Auswirkungen auf das Risiko für Herzkreislauferkrankungen hat ist strittig. Möglicherweise sind die gesättigten Fettsäuren nicht so kritisch zu sehen, wie bisher gedacht und es kommt auch bei den gesättigten Fetten auf deren Qualität bzw. die Quellen an.“, sagt die Ernährungswissenschaftlerin aus Dortmund.
Auch den Verzicht auf Obst in der Anfangsphase bzw. den anschließend eingeschränkten Verzehr sehen viele kritisch, schließlich fehlt einem dadurch eine wichtige Quelle für Vitamine und sekundäre Pflanzenstoffe.
Gleiches gilt für die Vollkornprodukte. Je nachdem, wie streng man die LCHF-Diät befolgt, werden selbst Vollkornprodukte gemieden, die neben Vitaminen und Mineralstoffen, unlösliche Ballaststoffe enthalten – sie sind wichtig für die Darmtätigkeit und –flora, die wiederum eine bedeutende Rolle für ein gut funktionierendes Immunsystem spielt.
Noch ein Punkt ist Anette Buyken wichtig: Würden sich alle nach LCHF ernähren, wäre das aufgrund des hohen Fleischkonsums mit hohen Lebensmittelkosten verbunden. Auch aus ökologischer Sicht hält sie diese Diät für fragwürdig.
Low Carb Rezepte
Mittlerweile gibt es viele spezielle Low Carb Gerichte. Vom Low Carb Brot und Low Carb Brötchen bis hin zum kompletten Low Carb Abendessen. Wie Sie Kohlenhydrate in Ihrer Ernährung einschränken können, erfahren Sie in unserem Artikel Ohne Kohlenhydrate kochen und backen. Sie wollen Low Carb mal ausprobieren? Auf der nächsten Seite finden Sie Rezepte für Hauptspeisen nach Low Carb.

Frau Priv. Doz. Dr. Anette Buyken ist Ernährungswissenschaftlerin und seit 2003 wissenschaftliche Mitarbeiterin der DONALD Studie, die am Forschungsinstitut für Kinderernährung in Dortmund durchgeführt wird. Ihre Forschungsschwerpunkte umfassen die Bedeutung der Ernährung in kritischen Phasen für die Gesundheit in Kindheit und Erwachsenenalter (Life-course epidemiology) sowie die Rolle der Kohlenhydrate in der Prävention von Übergewicht und Diabetes.
Copyright Foto: privat