Nachhaltigkeit mit Chefkoch

Von Bienen und Blüten

Um den Bienen auf den Grund zu gehen und um herauszufinden, inwiefern wir sie mit einer nachhaltigen Lebensweise schützen können, haben wir einen Imker in Köln besucht. 

Außerdem möchten wir wissen, was das Siegel Echter Deutscher Honig bedeutet und wie sich dieser Honig von anderen Produkten unterscheidet, die vergleichsweise günstig angeboten werden. Max Mikat, der Imker unseres Vertrauens erklärt, dass es sich dabei um ein Siegel des Deutschen Imkerbunds handelt, dessen Anforderungen weit über den der EU-Verordnungen läge. Echter Deutscher Honig muss zunächst, wie der Name schon vermuten lässt, aus Deutschland stammen. Nichts darf hinzugefügt, entzogen oder herausgefiltert sein. Ebenso darf er nicht wärmebehandelt werden. Genau solch einen naturbelassenen Honig produziert auch Max Mikat.

An seine ersten eigenen Honigbienen kann er sich gar nicht mehr genau erinnern. Kein Wunder, denn er ist in die Imkerei hineingewachsen. Schon der Großvater und auch der Vater besaßen Völker im Oberbergischen. Zwischen tiefen Wäldern und riesigen Wiesenflächen finden hier die Bienen der Imkerei Mikat bis heute alles, was eine Honigbiene braucht. Das alte Bienenhaus aus den 1950er Jahren ist Unterstand für bis zu zwölf Bienenvölker – und auch ein bisschen Imkerwerkstatt, in der Max repariert, was über den Sommer kaputt gegangen ist. Das machen Imker also im Winter, wenn es im Bienenvolk nur leise brummt, um die Temperatur im Inneren des Stocks zu halten. Ab dem Frühling lassen ihm die Bienen kaum noch Zeit, sich um etwas anderes zu kümmern. Mindestens einmal in der Woche muss jedes Volk sorgfältig kontrolliert werden. Hinzu kommen die Tage, an denen der Honig geschleudert und abgefüllt wird. Sehr aufwendig, wenn man bedenkt, dass Max die Imkerei lediglich als Hobby betreibt. 

Im Oberbergischen treffen wir Max allerdings nicht, sondern mitten in Köln. Auf einer Wildblumenwiese, die halb so groß ist wie ein Fußballfeld, stehen zwei Türme aus jeweils drei großen Holzkisten. Mit ihren Satteldächern aus Metall sehen sie aus wie kleine Zwergen-Häuschen. In jedem dieser Häuschen wohnt ein ganzer Bienenstaat. Je näher wir kommen, desto lauter wird das Gesumme. Keiner von uns reagiert auf Bienenstiche allergisch und so verzichten wir auf eine Schutzausrüstung. Max erklärt, dass wir uns so viel vorsichtiger verhalten und viel weniger Unruhe in das Bienenvolk bringen. Da sind wir mit ihm einer Meinung – wir möchten zwar wissen, wie die Bienen arbeiten und auch sehen, wie es im Inneren der Holzkisten aussieht, stören wollen wir sie aber nicht, oder zumindest so wenig wie möglich. 

Zwei Beuten stehen auf einer Wildblumenwiese mitten in Köln.

Foto: Chefkoch

Etwa einen Meter vor den Holzhäuschen, die der Imker Beute nennt, bleiben wir stehen. An der untersten Kiste gibt es einen kleinen, waagerechten Schlitz, an dem es richtig brummt. Das ist die Haustür. Von hier aus starten die Bienen zu ihrem Rundflug und schlüpfen auch wieder in die Beute hinein, am besten voll beladen mit Nektar und Pollen. Es wäre schon erstaunlich, was sie in der städtischen Umgebung an Nektar eintragen, erzählt Max. Anscheinend gibt es in den benachbarten Parkanlagen, Schrebergärten und auf den Balkonen genügend brauchbare Blüten. Wenn man bedenkt, dass die Bienen einen Flugradius von mindestens drei Kilometern und in Ausnahmefällen sogar bis zu sieben Kilometern haben, kann man sich vorstellen, dass da auch in der Stadt einiges zusammenkommt.

An der Bienenhaustür ist ein Kommen und ein Gehen.

Foto: Chefkoch

Gute Voraussetzungen also, dass sich schon Honig in den beiden Beuten befindet. Und tatsächlich, nachdem Max das Dach abgenommen hat, hebt er die oberste Zarge, so heißen die einzelnen Kisten, leicht an und muss kurz schnaufen. Ziemlich schwer. Das bedeutet, dass seine Bienen fleißig waren und ordentlich Honig in den Waben gebunkert haben. Ob davon auszugehen ist, dass in den unteren Kisten genau so viel Honig ist, wollen wir wissen. Davon sei nicht auszugehen, sagt Max, denn die unteren Zargen sind für die Königin und ihre Brut reserviert. In der oberen Kiste befinden sich keine Eier oder Bienenmaden, sodass hier nur Honig eingelagert wird. So konzentriert sich der Imker bei der Ernte immer ausschließlich auf die oberen Etagen.

Wir sind verblüfft. Dass Bienen klug sind und wahre Meister im Wabenbau, haben wir gewusst, dass sie aber so freundlich sind, die Absichten des Imkers zu berücksichtigen, ist uns neu. Na, ganz so sei es nicht, gibt Max zu: Imker würden schon mit einem Trick arbeiten, um Brut und Honig voneinander getrennt zu halten. Da die Königin größer sei als ihr Volk, könne sie durch die Auflage eines Gitters davon abgehalten werden, sich in die oberen Etagen zu bewegen und dort Eier abzulegen. Ihre Untertanen, die zahlreichen weiblichen Arbeiterbienen, bewegen sich dagegen frei über alle Etagen hinweg. Das müssen sie auch, denn sie stellen unermüdlich den Raum für Brut und Honig bereit, sie putzen, sie füttern die Maden und regeln ganz nebenbei mit ihren unermüdlichen Flügelbewegungen die Belüftung und die Temperatur in der gesamten Beute. Sie sind es, die den ganzen Betrieb am Laufen halten.

Das Gitter hält die Königin in den unteren Zargen.

Foto: Chefkoch

Während wir uns unterhalten, entnimmt Max einen Rahmen nach dem anderen aus den Zargen und kontrolliert sehr genau, ob es seinen Bienen gut geht. Er freut sich darüber, dass es in Deutschland immer mehr Imker und Imkerinnen gibt. Hoffentlich bleiben die Leute dabei und lassen ihre Völker nicht einfach im Stich, wenn der Hype vorbei ist, sagt Max. Man müsse sich schon darüber im Klaren sein, dass unsere westliche Honigbiene auf den Imker angewiesen sei. Sie ist nicht in der Lage in der freien Natur ein Nest zu bauen und somit auch nicht fähig, außerhalb der sicheren Beute zu überwintern. Solange es Imker gibt, sind diese Bienen nicht vom Aussterben bedroht. Und das ist im Interesse von uns allen.

Es geht uns alle etwas an, dass das große Insektensterben auch Honig- und Wildbienen betrifft. Schuld daran haben Monokulturen auf den Feldern, der Einsatz von schädlichen Pestiziden und anderen Umweltgiften, der Klimawandel und der Eintrag von Krankheitserregern. Außerdem nimmt der Mensch immer mehr Lebensraum der Insekten in Beschlag und somit auch ihre Nahrungsgrundlage.

Zwar setzt Max beim Imkern möglichst auf naturbelassene Materialien und vertreibt seinen Honig in Mehrweggläsern, die eigentliche Arbeit in Sachen Nachhaltigkeit sieht er aber in den Gesprächen, die er mit Interessierten führt. Wenn er nur eine Person davon überzeugen kann, die Wiese vor oder hinter dem Haus über die Sommermonate stehen zu lassen und nicht zu mähen, ist das schon ein großer Erfolg. Jedes kleine Stück Natur, auf dem Gräser Blüten bilden, sichert einer großen Anzahl Insekten das Überleben. Das ist viel wichtiger, als dass jetzt alle zu Imkern werden. Auch ein Insektenhotel ist zwar gut gemeint, doch wenn es keine Nahrung für die Insekten gibt, hilft das auch nicht weiter. 

Max Mikat kontrolliert genau, wie es seinen Bienen geht.

Foto: Chefkoch

In Steingärten findet die Honigbiene nun wirklich nichts, um es mit ihren Artgenossen zu teilen. Und das, wo sie sich doch ohnehin beeilen muss, denn ihre Zeit ist begrenzt. Die Lebensdauer der westlichen Honigbiene liegt zwischen 30 und 60 Tagen und ist in verschiedene Arbeitsphasen geteilt.

Nachdem sie von der Made zur Biene herangereift ist, umsorgt sie zunächst die Brut mit ihrer Körperwärme und reinigt leere Zellen. Dann beginnt sie die Larven zu füttern. Die jungen mitGelée Royal, ein drüseneigenes Sekret, die älteren mit Pollen und Honig, was von Biene zu Biene weitergegeben wird. In ihrer dritten Lebensphase nimmt sie Nektar entgegen und verarbeitet ihn zu Honig, um anschließend Wachs zu produzieren und Waben zu bauen, bis sie endlich selber den Stock verlässt. In dieser letzten Phase sammelt sie Pollen und Nektar. Ein perfekt organisierter Arbeitskreislauf. Max hat inzwischen einen Rahmen aus einer der Zargen gezogen und wir bewundern das bunte Treiben der Arbeiterinnen und die Wabenstruktur, die sie geschaffen haben. 

Die Bienen haben mit ihrem Wabenbau ganze Arbeit geleistet.

Foto: Chefkoch

Es erscheint fast wie ein Wunder, dass diese kleinen Insekten eine solche architektonische Meisterleistung vollbringen. Das Wachs schwitzen sie selbst durch eine Drüse aus. Von beiden Seiten werden die Rahmen von den weiblichen Arbeiterinnen bewirtschaftet. Die Waben sehen aber nicht nur gut aus, sie sind maßgeblich an der Hofstaatbildung beteiligt. Als wäre die gesamte Bevölkerung ein einziger Organismus, wissen die Arbeiterbienen beispielsweise genau, wann es nötig ist, männliche Drohnen zu produzieren. Dann beginnen sie plötzlich damit, größere Waben zu bauen, was für die Königin das Signal ist, unbefruchtete Eier abzulegen, aus denen sich die männlichen Drohnen entwickeln. Diese bleiben nicht lange, schwärmen aus, um auf eine junge Königin zu treffen und nach der Befruchtung zu sterben. Kurzer Prozess. 

Genauso weiß das Volk auch genau, wann es nötig ist, eine neue Königin zu produzieren. Wir stapfen durch das hohe Gras und versuchen den Brennnesseln auszuweichen. In offenen Schuhen erweisen die sich als weitaus bedrohlicher als die Bienen. Etwa 50 Meter von den beiden Beuten entfernt steht ein weiteres, jedoch kleineres Häuschen auf der Wiese. Hier startete Max vor ein paar Wochen den Versuch, eines seiner Völker zu teilen. So produzieren Imker gewissermaßen einen Ableger. Eigentlich müsse die Entfernung viel größer gewählt werden, aber hier auf der Wiese wäre eben nicht so viel Platz, erklärt Max. Anscheinend hat es trotzdem geklappt. Bei näheren Betrachtung zeigt sich, dass die Bienen nicht zu ihren Leuten zurückgeflogen sind, sondern damit begonnen haben, sich selbstständig zu machen. Der Brut geht es gut und was ganz besonders toll ist, sie haben sich anscheinend um eine eigene Königin gekümmert. 

Genauso wie die Arbeiterinnen wissen, wann es an der Zeit ist, männliche Drohnen zu produzieren, wissen sie auch genau, wann der Stock eine neue Königin benötigt. Entweder ist die alte gestorben oder der Stock ist so groß geworden, dass er sich bald teilen sollte. In unserem Fall war der Ableger, den Max mit Brutrahmen vom Stock getrennt hatte, ganz ohne Königin unterwegs. Er zeigt uns erleichtert die Wabe der geschlüpften Chefin. Sie selbst zeigt sich uns nicht, doch das Überbleibsel ist Beweis genug. Eine Wabe, in der bereits ein Ei vorhanden war, wurde von den Arbeiterbienen nachträglich zur Weiselzelle umgebaut. Wo die Waben eigentlich streng nach Bauanweisung waagerecht im Rahmen liegen, liegt die Königinnenwabe senkrecht auf. Wenn dann die geschlüpfte Bienenmade ausschließlich mit Gelée Royal gefüttert wird, reift in der Wabe eine neue Königin heran. 

Eine neue Königin ist bereits geschlüpft.

Foto: Chefkoch

Und als wäre das alles nicht schon beeindruckend genug, erklärt uns Max kurz, warum es völlig ausreicht, dass eine einzige Biene weiß, wo es etwas Gutes zu essen gibt. Die glückliche Finderin fliegt mit einer Kostprobe in ihren Stock und verteilt davon kleine Häppchen an ihre Schwestern. Dabei vollführt sie einen Tanz, der alle nötigen Informationen beinhalten.

Eine perfekte Wegbeschreibung für den gesamten Stock und die Nachricht verbreitet sich wie ein Lauffeuer. Je wilder der Tanz, desto größer die Ausbeute. Das ist alles sehr faszinierend und die Bienen und ihre Arbeit sind sehr hübsch anzusehen. Nach etwa einer Stunde verziehen wir uns aber, denn die Bienen geben ihrem Imker sehr deutlich zu verstehen, dass es ihnen nun reicht. Das ruhige Gesumme wird lauter und zwei Arbeiterinnen starten einen Angriff auf Max' Nacken. Er trägt die Stiche mit Fassung, schließlich war er es, der sich in ihre Welt eingemischt hat. 

Bevor wir gehen, dürfen wir den Honig aber noch probieren. Ganz frisch und mit Wabe. Der Blütenhonig schmeckt ganz wunderbar, außergewöhnlich fruchtig und das Wachs der Wabe lässt sich kauen, wie ein Kaugummi. Ein Geschmackserlebnis, das nur sehr wenig mit vielen Honigen aus dem Supermarkt zu tun hat. Die Qualität von Echtem Deutschen Honig wird ständig vom Deutschen Imkerbund geprüft und darf nur in den Handel gebracht werden, wenn er der Honigverordnung genügt. Dieser Honig ist ein sehr streng kontrolliertes Lebensmittel. Die Imkerei Mikat verkauft das 500 g Glas für 7 Euro. Das ist nicht viel, wenn man bedenkt, welche Arbeit dahinter steckt. 

Noch mehr Infos zu Max und seinen Bienen findet ihr unter beecologne.de.